Dandy, Snob oder doch nur Herr Mann – Ein echter Dandy ist kein Snob
von Wolfgang Bräun
Es sei um 1750 gewesen, als der Mann als „Dandy“ erstmals öffentlich auftrat und er sich modisch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts behauptete. Nach ethymologischem Lexikon wird dieser Typ definiert, als junges Mannsbild, das in auffälliger Bekleidung Kirche oder Jahrmarkt besucht.
Berühmte Vertreter dieser rein männlichen Kategorie sind Beau Nash, Beau Brummell , Charles Baudelaire, Lord Byron, der Fürst Hermann von Pückler-Muskau, Benjamin Disraeli und später auch die Anhänger des „Ästhetizismus“ wie Oscar Wilde und Max Beerbohm .
Hochrangig und weltweit bekannter Dandy des 20. Jahrhunderts war der Prince of Wales, kurzzeitig König Edward VIII., als der spätere Herzog von Windsor.
Doch auch der US-amerikanische Schriftsteller Tom Wolfe exaltierte sich im Dress seiner weißen Anzüge als moderner Dandy.
Zu all denen stand im Gegensatz der ‚Maccaroni’, der versuchte, die bunte Mode der südlichen Länder nachzuahmen. Doch ganz im Widerspruch zum französischen ‚Beau‘ oder zum deutschen ‚Stenz‘ lehnt der Dandy alles Grelle ab, auch alles Laute und alles Parfümierte.
Als verwandt mit dem Dandy, wenn auch intellektuell einsilbig, gilt der ’Snob‘. Gesichert sei dessen Herkunft im 18. Jahrhundert in Großbritannien, als das Kürzel in den Namenslisten der Universitäten Cambridge und Oxford auftauchte und als Namenszusatz galt.
Zunächst erklärlich verbreitet, kam man jedoch etymologisch zur Auffassung, es habe sich ursprünglich um das kurze „s. nob.“ gehandelt, das für „sine nobilitate“ stand (lat. „ohne Adelstitel“), was sich Studenten zulegten, um sich ohne echten Namenszusatz den Adligen gleichzustellen.
Ältere schriftliche Quellen markieren mit „snob“ den Schuhmacherlehrling, in Schottland ‚snab‘, womit man in Namenslisten der beiden Universitäten die Nicht-Studenten von den Immatrikulierten abgrenzte.
Dies nun scheint recht erklärlich, denn erst später habe man „snob“ für „sine nobilitate“ gehalten.
Eine Interpretation, wonach sich im England des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts nichtadlige Wichtigtuer mit solcherlei Pseudo-Adelstitel Zutritt zu Klubs erschlichen, die ansonsten Adligen vorbehalten waren.
Doch ein wahrlich echter Dandy bestimmt sein Outfit allein um der Kunst Willen oder eben „l’art pour l’art“.
Dabei wird allzeit passende und elegante Kleidung zum Zeitvertreib kombiniert und mit formvollendeter Manier eines Gentleman zum einzigen Lebenszweck erhoben.
Demnach passt auch ein geringes Niveau anstrengender Erwerbsarbeit nicht zu einem überzeugten und echten Dandy.
„Grade zur rechten Zeit kommt ein junger Mann den Gang entlang, so ein richtiger Dandy mit Stöckchen und Schiebermütze, so ein Bursche, dem man auf der Stelle drei Jahre Militärdienst wünschen möchte.
Hans Fallada: Wolf unter Wölfen; Roman 1937.
Da man in England im18. Jahrhundert die französische Hofkultur zunehmend ablehnte, entstand viel Eigenes als „English Culture“, so auch der Englische Landschaftsgarten, um sich auch hierin von den „Frenchman“ abzugrenzen.
Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Europa die klassizistische Mode des Empire, der Régence oder des Biedermeier aufkam, was sich an antiken Vorbildern orientierte, erwies sich dieser Trend jedoch als wenig alltagstauglich.
So besann man sich auf ureigene englische Tugenden in der Kleidung. Robuste Stoffe aus Leinen, Wolle und Tweed wurden populär und stadttauglich.
Ein „frisches Körperbewusstsein“, das sich aus der Betrachtung antiker Plastiken herausbildete, wurde auch in den Schneidereien jener Zeit umgesetzt.
Diese Einflüsse führten schließlich zum modernen Herrenanzug, körpernah geschnitten, die V-Silhouette des Mannes betonend und meist aus festem Stoff in gedeckten Farben. Gültig bis in die heutigen Tage.
In einem solchen Anzug trieb es Beau Brummell, der erste berühmte Dandy, auf die Spitze, womit er als originaler Vertreter des Dandytums gilt.
Denn Brummell propagierte damit die frische Schlichtheit, als adlige Kreise noch der höfisch französischen Mode folgten.
Klar, dass sich um solche eine Person viele Legenden ranken. Habe er doch seine Handschuhe durch mindestens zwei Näherinnen arbeitsteilig schaffen lassen: die eine für die Daumen, die andere für den Rest.
Auch habe er sich von drei Frisören behandeln lassen: einen für die Stirn, einen für die Seiten und einen für den Hinterkopf. Die Perücke war bereits aus der Mode.
Entgegen der Gepflogenheiten einfacher Leute seiner Zeit, wechselte er mehrmals täglich seine Wäsche, verachtete aber Schmuck und Parfüm.
Den hierfür alltäglichen Aufwand sahen seine Zeitgenossen nicht auf den ersten Blick, weshalb man ihn argwöhnisch beobachtete. Beau Brummells Leben endete schließlich in der Psychiatrie oder eben damals im Irrenhaus.
Etymologisch ist ein Dandy männlich, jung und modisch übertrieben gekleidet, ein Modenarr. Dieser später verwendete Begriff stammt aus dem 19. Jahrhundert. von engl. „dandy“, eventuell gekürzt aus „jack-a-dandy“, dem vorlauten jungen Mann, dem deutschen „Naseweis’“ des 17. Jahrhunderts. Die weitere Herkunft ist eher ungeklärt oder doch nur eine Koseform von Andrew.
Synonym ist der Dandy auch Geck, Piefke, Schönling, Snob, Adonis, Beau, Stutzer, Fant, Fatzke, Gent, Lackaffe, Pomadenhengst, Schmock Schnösel, Stenz, eitler Pfau, feiner Pinkel oder auch lackierter Affe.
Der Snob wurde bis Mitte des 19. Jahrhunderts zum Emporkömmling aus unteren sozialen Schichten, der auf Menschen, die dort verblieben waren, verächtlich hinabblickt.
Als markant dazu gilt die Geschichte des „Snob“ 1848 in „The Book of Snobs“ von William M. Thackeray. In der heutigen Konsumforschung gilt der Snob als individuell, wider den Mainstream, der sich durch den Konsum exklusiver Produkte, unabhängig von deren Preis auch exhibitioniert.
Ähnliche Anekdoten sind zu Charles Baudelaire, Fürst Hermann von Pückler-Muskau, Max Beerbohm und Virginia Woolf überliefert.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts propagierten Oscar Wilde, Max Beerbohm , Aubrey Vincent Beardsley und andere Vertreter des Ästhetizismus einen frischen Stil: samtene Kniehosen und Westen, liegende Hemdkragen und symbolische Sonnenblumen wurden zu ihren Kennzeichen.
Damit öffneten sie neu-modisch die viktorianische Gesellschaft, einst geprägt von bürgerlicher Enge und Moralismus, mit frischer Sinnlichkeit in Farben und Formen.
Es schien jedoch nur so, als ob dieser Ansatz dem des Beau Brummel entgegenstand, denn weiterhin vertrat man eine ritualisierte Ästhetik und richtete sich gegen den „prä-valierenden“, den vorherrschenden Mainstream.
Viele der benannten Dandys waren Künstler, Schriftsteller oder Essayisten und vertraten ihren Stil auch literarisch.
Denn Dandyismus war stets auch eine Lebenseinstellung, was sich auch in einem eher ungezwungenen Verhältnis zu Geld manifestierte. Ein Dandy hatte nun mal Spielschulden und zeigte sich möglichst unabhängig von den profan-bürgerlichen Zwängen eines Erwerbslebens oder der verpflichtenden Arbeit für eine Familie.
Manch ein Beobachter leitete daraus auch die Tendenz zur Homosexualität und zur Selbstinszenierung ab, gepaart mit guter Rhetorik und Schlagfertigkeit.
Eine heute hyper-moderne Form des Dandytums ist „Camp“ (Kunst): eine stilistisch überpointierte Art der Wahrnehmung kultureller Produkte aller Art wie Film, Musik, Literatur, Bildende Kunst, Mode, Makeup, orientiert am Künstlichen und an der Übertreibung.
Als ein „campy“ erlebt man Werke der Trivial- oder Populär-Kultur jedoch nicht (nur) als gedankenlose Zerstreuung, sondern erfährt eine ästhetische Aufwertung. Nun, denn…
Schreibe einen Kommentar